Wie blenden wir Störein­drücke aus?

Studi­en­leiter Jens-Max Hopf im Labor vor dem MEG, mit dem räumlich und zeitlich aufgelöst die Signale aus den Gehirnen der Studi­en­teil­nehmer gemessen wurden. Das Leibniz-Institut für Neuro­bio­logie Magdeburg (LIN) ist ein Grund­la­gen­for­schungs­in­stitut, das sich Lern- und Gedächt­nis­pro­zessen im Gehirn widmet. Das LIN wurde 1992 als Nachfol­ge­ein­richtung des Insti­tutes für Neuro­bio­logie und Hirnfor­schung der Akademie der Wissen­schaften der DDR gegründet und ist seit 2011 Mitglied der Leibniz-Gemein­schaft. Es bildet einen der Eckpfeiler des Neuro­wis­sen­schafts­stand­ortes Magdeburg. Das LIN beher­bergt moderne Labore für die neuro­wis­sen­schaft­liche Forschung – vom Hightech-Mikroskop bis zum Kernspin­to­mo­graphen. Aktuell arbeiten rund 230 Personen am LIN, davon ungefähr 150 Wissen­schaftler aus rund 28 Ländern. Sie erfor­schen kognitive Prozesse und deren krank­hafte Störungen im Gehirn von Mensch und Tier. Foto: MEG

Wie blenden wir Störein­drücke aus?

Wenn wir konzen­triert unsere Aufmerk­samkeit auf eine visuelle Suche richten, arbeitet unser Gehirn unter Hochdruck. Ein Forscherteam des Leibniz-Insti­tutes für Neuro­bio­logie Magdeburg (LIN) und der Otto-von-Guericke-Univer­sität Magdeburg hat unter­sucht, wie die visuelle Suche in der Sehrinde des Gehirns verar­beitet wird und in welchem Bereich die Aktivität messbar ist. Die Studie wurde im Journal »Commu­ni­ca­tions Biology« veröffentlicht.

Wenn wir im Herbst im Wald nach Pilzen suchen, richten wir unsere visuelle Aufmerk­samkeit auf bestimmte pilzty­pische Merkmale und müssen viele Eindrücke ausblenden, die uns ablenken, wie Blätter oder Steine. Wie lässt sich die Distraktor-Verar­beitung, die Verar­beitung von Störein­drücken, die bei der Suche hinderlich sind, von der Verar­beitung relevanter Eindrücke im Gehirn unter­scheiden? Elektro­phy­sio­lo­gische Unter­su­chungen zeigen, dass diese Mecha­nismen offenbar parallel arbeiten und elektrische Felder entge­gen­ge­setzter Polarität im Hirn erzeugen. Die Lokali­sation und die genaue Art dieser Aktivität sind jedoch unbekannt. Das LIN-Forschungsteam hat nun mit MEG-Messungen beim Menschen eine räumlich-zeitliche Charak­te­ri­sierung der Ziel- und Distrak­tor­ver­ar­beitung im visuellen Kortex ermittelt.

Suchaufgabe der Probanden

Für die Unter­su­chung haben die Probanden eine visuelle Suchaufgabe am Computer bewältigt, während mit der Magne­ten­ze­pha­lographie (MEG) ihre Gehirn­ak­ti­vität gemessen wurde. Aus einer Anordnung von sechs »T »- Buchstaben, von denen vier in blauer Farbe, eines in grüner und ein weiteres immer in roter Farbe zu sehen waren, mussten die Probanden das T in der Zielfarbe (z.B. rot) finden und bestimmen, ob es per Knopf­druck nach links oder nach rechts gekippt war. In der Hälfte der Fälle fokus­sierten sich die Teilneh­menden auf das rote T, wobei das grüne T zu einem auffäl­ligen Störreiz wurde, und in der anderen Hälfte waren die Farben umgekehrt zugeordnet.

Umgekehrte hierar­chische Richtung

»Wir stellen fest, dass neuronale Prozesse der Ziel-Verstärkung und der Distraktor-Abschwä­chung generell in umgekehrter hierar­chi­scher Richtung im visuellen Kortex ablaufen«, erklärt Jens-Max Hopf, Autor der Studie. »Eine Neuent­de­ckung war dabei, dass diese sogenannte rekur­rente kortikale Verar­beitung in Form von parallel arbei­tenden schnellen und langsamen rückwärts gerich­teten Sweeps erfolgt, wobei der schnelle rekur­rente Sweep zum primären visuellen Kortex damit korre­lierte, wie schnell die Probanden das Suchziel erfassen konnten. Wir vermuten, dass die schnelle rekur­rente Kommu­ni­kation zwischen hierar­chisch höheren Kortex-Arealen und dem primären visuellen Kortex der gestei­gerten Reprä­sen­tation von Merkmalen des Zielob­jektes dient, was die bessere Leistung der Probanden erklärt.«

Das Forschungsteam überprüft diese Hypothese nun in einer neuen Studie.

Origi­nal­pu­bli­kation:

https://www.nature.com/articles/s42003-020–01423‑0#Sec10

Textquelle: Isabell Redels­torff, Leibniz-Institut für Neurobiologie

Bildquelle: Studi­en­leiter Jens-Max Hopf im Labor vor dem MEG, mit dem räumlich und zeitlich aufgelöst die Signale aus den Gehirnen der Studi­en­teil­nehmer gemessen wurden. Das Leibniz-Institut für Neuro­bio­logie Magdeburg (LIN) ist ein Grund­la­gen­for­schungs­in­stitut, das sich Lern- und Gedächt­nis­pro­zessen im Gehirn widmet. Das LIN wurde 1992 als Nachfol­ge­ein­richtung des Insti­tutes für Neuro­bio­logie und Hirnfor­schung der Akademie der Wissen­schaften der DDR gegründet und ist seit 2011 Mitglied der Leibniz-Gemein­schaft. Es bildet einen der Eckpfeiler des Neuro­wis­sen­schafts­stand­ortes Magdeburg. Das LIN beher­bergt moderne Labore für die neuro­wis­sen­schaft­liche Forschung – vom Hightech-Mikroskop bis zum Kernspin­to­mo­graphen. Aktuell arbeiten rund 230 Personen am LIN, davon ungefähr 150 Wissen­schaftler aus rund 28 Ländern. Sie erfor­schen kognitive Prozesse und deren krank­hafte Störungen im Gehirn von Mensch und Tier. Foto: MEG