Testbe­reit­schaft, wenn Kosten niedrig sind

Testsystem des U.S. Centers for Disease Control (CDC) zum Labor­nachweis des Virus. Lizenz: Gemeinfrei

Testbe­reit­schaft, wenn Kosten niedrig sind

Wo und wie lange können Schulen in Zeiten der Corona-Pandemie geöffnet bleiben? Wie sicher sind öffent­liche Verkehrs­mittel oder Veran­stal­tungen? Zur Beant­wortung dieser Fragen sind syste­ma­tische Tests auf Corona-Infek­tionen und ‑Antikörper entscheidend. Diese sind jedoch oft keine Pflicht, und der Aufwand kann bedeutend sein. Wer mitmacht, trägt zu einem besseren Verständnis der Lage bei. Doch genügt das als Motivation? Wissen­schaft­le­rinnen des Karls­ruher Instituts für Techno­logie (KIT) und der University of California San Diego (UCSD) fanden heraus, dass die Kosten für die Tests eine wichtige Rolle spielen. Politische Entschei­dungs­träger sollten erwägen, diese einfach zugänglich zu machen.

In einer anonymen Studie haben Nora Szech, Profes­sorin für Politische Ökonomie am Institut für Volks­wirt­schafts­lehre (ECON) des KIT, und Marta Serra-Garcia von der Rady School of Management an der University of California San Diego die Testbe­reit­schaft von knapp 2 000 Personen der US-Bevöl­kerung auf Corona-Antikörper unter­sucht. Wenn die Kosten nahe Null lagen, waren 80 Prozent der Teilneh­me­rinnen und Teilnehmer bereit, den Test durch­zu­führen. Stiegen die Kosten, ging die Nachfrage stark zurück; bei 20 Dollar halbierte sie sich sogar. »Es überrascht mich nicht, dass nicht jeder den Test wollte«, sagt Nora Szech. »Im Vergleich zum Beispiel zu Tests auf Huntington oder HIV ist das Interesse an den Corona-Tests hoch, aber das ändert sich mit steigenden Kosten drastisch.«

Preis, Einkommen, Alter und Ethni­zität entscheidend

Die Forsche­rinnen fanden außerdem heraus, dass weitere Faktoren eine wesent­liche Rolle für die Testbe­reit­schaft spielen: »Dazu zählen das Alter, die vermutete Länge und Stärke der schüt­zenden Immunität durch Antikörper und die Unsicherheit darüber, ob man das Virus schon hatte«, so Marta Serra-Garcia. Die Zahlungs­be­reit­schaft für Antikör­per­tests hänge zudem vom Einkommen, der ethni­schen Zugehö­rigkeit, aber auch von politi­schen Präfe­renzen ab. Die Studie ergab, dass Anhänger des US-Präsi­denten Donald Trump sich weniger bereit zeigten, für einen Test zu bezahlen. Das deute darauf hin, dass die Ergeb­nisse von Covid-19-Tests, die sich auf Freiwillige stützten, mögli­cher­weise nicht reprä­sen­tativ für die Gesamt­be­völ­kerung seien.

»Um zu wissen, wie weit das Virus wirklich verbreitet ist und wie viele Menschen immun sind, brauchen wir eine hohe Akzeptanz der Tests. Wenn wir zum Beispiel etwas über die Immunität an Schulen erfahren wollen, sind wir auf Lehrer und Schüler angewiesen, die den Test breit unter­stützen«, sagt Szech. »Dafür ist ein müheloser Zugang der Schlüssel. Wenn dies nicht möglich ist, sollten wir darüber nachdenken, die Menschen dafür zu entschä­digen, dass sie die Zeit und Mühe auf sich nehmen, sich testen zu lassen.« Dasselbe gelte für Tests auf aktive Infek­tionen: »Auch wenn sie symptomlos sind, werden beispiels­weise Lehrer gebeten, sich regel­mäßig testen zu lassen. Diese Tests sind für sie aber momentan mit viel Aufwand verbunden.«

»Unsere Befra­gungen haben außerdem gezeigt, dass sich höhere Einkom­mens­gruppen eher testen lassen, während niedrigere Einkom­mens­gruppen – die oft auch noch einem höheren Infek­ti­ons­risiko ausge­setzt sind, wenn sie in system­re­le­vanten Diensten arbeiten – den Test mit gerin­gerer Wahrschein­lichkeit durch­führen«, erklärt Serra-Garcia. »Darüber hinaus sind schwarze Befragte weniger bereit, sich testen zu lassen, obwohl jüngste Forschungen zeigen, dass schwarze Gemein­schaften von dem Virus hart getroffen wurden.«

Laut den Wissen­schaft­le­rinnen ist die Durch­führung syste­ma­ti­scher Tests notwendig, um ein besseres Verständnis der lokalen Situation zu erhalten. »Idealer­weise sollten Tests einfach und regel­mäßig zugänglich sein, gerade für Hochri­si­ko­gruppen sowie für Schulen und Kinder­ta­ges­stätten. Das lohnt sich für uns alle«, betont Szech.

Origi­nal­pu­bli­kation:

Serra-Garcia M. and Szech, N. (2020): Demand for COVID-19 Antibody Testing, and Why It Should Be Free.

https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3607484

Textquelle: Monika Landgraf, Karls­ruher Institut für Technologie

Bildquelle: Testsystem des U.S. Centers for Disease Control (CDC) zum Labor­nachweis des Virus. Lizenz: Gemeinfrei