Signale aus dem Mini-Tomografen

Blick ins Innere des Mini-MRT-Geräts, das mit einem Proben­röhrchen bestückt ist. Foto: Frederik Köpper, Max-Planck-Institut für biophy­si­ka­lische Chemie

Signale aus dem Mini-Tomografen

Die Magnet­re­so­nanz­to­mo­grafie (MRT) ist in der Medizin unver­zichtbar. Aller­dings sind MRT-Geräte groß und teuer in Anschaffung wie Betrieb. Mit kleineren, günsti­geren Tomografen wäre die MRT flexibler einsetzbar und könnte mehr Menschen zugänglich werden. Solche Mini-Tomografen erzeugen jedoch ein deutlich schwä­cheres Signal, das schwierig auszu­werten ist. Forscher am Max-Planck-Institut (MPI) für biophy­si­ka­lische Chemie und an der Univer­si­täts­me­dizin Göttingen haben jetzt eine Methode entwi­ckelt, die das Signal so verstärkt, dass sich eine Stoff­wech­sel­re­aktion in Echtzeit verfolgen lässt. Die Ergeb­nisse sind ein wichtiger Beitrag, um flexible kleine MRT-Geräte einzusetzen.

Aus der modernen Medizin ist die MRT nicht mehr wegzu­denken: Sie liefert gestochen scharfe Bilder aus dem Inneren unseres Körpers und ermög­licht es, unter­schied­lichste Erkran­kungen zu diagnos­ti­zieren – von Entzün­dungen über Arteri­en­ver­kalkung bis hin zu Krebs.

Ein herkömm­licher Magnet­re­so­nanz­to­mograf ist riesig, er füllt einen ganzen Raum. Die beein­dru­ckende Größe hat ihren Grund: In der donut­för­migen Röhre stecken große Magnete, die ein sehr starkes Magnetfeld erzeugen. Kombi­niert mit kurzen Radio­fre­quenz-Impulsen entlockt die magne­tische Kraft dem Wasser im Körper der unter­suchten Person ein Signal, aus dem sich ein Bild der unter­suchten Körper­region ergibt. Dabei gilt: Je stärker das Magnetfeld, desto deutlicher das Signal – und desto klarer und detail­reicher das erzeugte Bild.

Solch leistungs­starke Tomografen haben aller­dings zwei entschei­dende Nachteile: Zum einen sind sie aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts nicht mobil einsetzbar und können zum Beispiel nicht direkt zum Patien­tenbett gebracht werden. Zum anderen ist ihr Betrieb sehr kostspielig: Sie benötigen viel Strom und teure Flüssig­keiten wie minus 270 Grad Celsius kaltes Helium, um die Magneten zu kühlen. Beides führt dazu, dass MRT-Geräte nur von finanz­starken Einrich­tungen betrieben werden können. Der größte Teil der Weltbe­völ­kerung hat keinen Zugang zu dieser Technik.

Mehrere Wissen­schaft­le­rinnen und Wissen­schaftler wollen das ändern und preis­günstige, mobile MRT-Geräte entwi­ckeln. Zu ihnen gehört Stefan Glöggler, Forschungs­grup­pen­leiter am Göttinger MPI für biophy­si­ka­lische Chemie und am BIN der Univer­si­täts­me­dizin Göttingen.

Schwache Signale messbar machen

»Eine wesent­liche technische Hürde bei der Konstruktion eines Mini-MRT-Geräts ist, dass das erzeugte Signal sehr schwach ist«, erläutert Glöggler. »Das liegt daran, dass so ein kleiner Tomograf mit viel schwä­cheren Magneten funktio­nieren muss als ein herkömm­liches Gerät. Wir haben jetzt einen Weg gefunden, das schwache Signal deutlich zu verstärken.«

Für ihre Versuche haben die Göttinger Chemiker ein Mini-MRT-Gerät selbst gebaut. Es hat etwa die Größe eines kleinen Fasses. »Das war eine spannende technische Tüftelei. Mehr als einen Kilometer Kupfer­draht haben wir verwi­ckelt«, so Glöggler. »Wir hatten großartige Unter­stützung der Feinme­cha­niker, Elektro­niker und Tischler unseres Max-Planck-Instituts. Ohne sie hätten wir das Projekt nicht reali­sieren können.«

»Unser kleiner Tomograf ist sehr flexibel. Er lässt sich an die Größe des zu unter­su­chenden Gegen­stands anpassen – je nachdem, ob es sich nur um eine kleine chemische Lösung handelt oder um einen mensch­lichen Kopf«, berichtet Sergey Korchak, Postdok­torand in Glögglers Team. »Das Magnetfeld ist etwa hundertfach niedriger als bei herkömm­lichen MRT-Geräten. Seine Stärke ist vergleichbar mit der von Magneten, die wir zu Hause an den Kühlschrank heften.«

Dr. Sergey Korchak, Dr. Stefan Glöggler und Dr. Anil Jagtap (von links) mit ihrem selbst gebauten, mobilen Magnet­re­so­nanz­to­mo­grafen. Foto: Frederik Köpper, Max-Planck-Institut für biophy­si­ka­lische Chemie

Die Wissen­schaftler übertrugen nun eine Methode, die bereits in herkömm­lichen Tomografen etabliert ist, die sogenannte Hyper­po­la­ri­sation, auf ihr Niedrigfeld-MRT-Gerät. Damit konnten sie das Signal in dem schwachen Magnetfeld so weit verstärken, dass es messbar war. Ihnen gelang es damit erstmals, mit einem Mini-Tomografen in Echtzeit zu verfolgen, wie Pyruvat in Milch­säure umgewandelt wird. Diese bioche­mische Reaktion läuft in unseren Körper­zellen als Teil der Energie­ge­winnung ständig ab und wurde von den Göttinger Forschern nicht zufällig gewählt, wie Glögglers Postdok­torand Anil Jagtap erklärt: »Wieviel Pyruvat Zellen in Milch­säure umwandeln, gibt Auskunft darüber, ob in einem Gewebe ausrei­chend Sauer­stoff verfügbar ist bezie­hungs­weise ob dieser zur Energie­ge­winnung genutzt wird. Damit könnten in Zukunft Hirntraumata und bestimmte Krebs­arten diagnos­ti­ziert werden.« Entspre­chende MRT-Studien an Kliniken laufen bereits.

Glöggler ist optimis­tisch, dass derartige Unter­su­chungen bald auch mit Niedrigfeld-MRT-Geräten möglich sein werden. »Die von uns entwi­ckelte Signal­ver­stärkung ist ein wichtiges Puzzle­stück, um portable MRT-Geräte bis zur Markt­reife zu entwi­ckeln, sodass mehr Patien­tinnen und Patienten von der diagnos­ti­schen Stärke dieser Technik profi­tieren können«, so der Chemiker.

Origi­nal­pu­bli­kation:

Korchak S, Jagtap AP, Glöggler S: Signal-enhanced real-time magnetic resonance of enzymatic reactions at milli­tesla fields. Chemical Science (2020), doi: 10.1039/d0sc04884d

Textquelle: Dr. Carmen Rotte, Max-Planck-Institut für biophy­si­ka­lische Chemie

Bildquelle: (oben) Blick ins Innere des Mini-MRT-Geräts, das mit einem Proben­röhrchen bestückt ist. Foto: Frederik Köpper, Max-Planck-Institut für biophy­si­ka­lische Chemie

Bildquelle: (unten) Dr. Sergey Korchak, Dr. Stefan Glöggler und Dr. Anil Jagtap (von links) mit ihrem selbst gebauten, mobilen Magnet­re­so­nanz­to­mo­grafen. Foto: Frederik Köpper, Max-Planck-Institut für biophy­si­ka­lische Chemie