Diabetes vorbeugen heißt Krebs vorbeugen

Seit 2007 sind weltweit im Rahmen des Weltdia­be­tes­tages viele berühmte Gebäude abends und nachts als »Leucht­feuer der Hoffnung« blau beleuchtet. Neben dem Empire State Building und dem Eiffelturm haben auch deutsche Monumente teilge­nommen. Hier zu sehen eine Aufnahme des Branden­burger Tores. Die Video­bot­schaft von Präsident Barack Obama erschien während des Freiheits­festes in Berlin, wo die US-Außen­mi­nis­terin Hillary Rodham Clinton die Verei­nigten Staaten am 9. November 2009 auf der Feier zum 20. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer vertrat. Foto: U.S. State Department Photo, Lizenz: Gemeinfrei

Diabetes vorbeugen heißt Krebs vorbeugen

Zum Weltdia­be­testag am 14. November infor­miert das Deutsche Krebs­for­schungs­zentrum (DKFZ) über die Zusam­men­hänge zwischen Krebs und Diabetes – und warum ein gesunder Lebensstil das Risiko für beide schwere Erkran­kungen zugleich senken kann.

Diabetes Typ 2 ist weltweit auf dem Vormarsch: Nach Angaben der WHO waren 1980 rund 108 Millionen Menschen von der schweren Stoff­wech­sel­er­krankung betroffen, 2014 waren es bereits 422 Millionen. Besonders stark steigt die Zahl der Diabe­tiker in den Schwel­len­ländern. In Deutschland erhalten jedes Jahr rund 500.000 Menschen zum ersten Mal die Diagnose Diabetes.

Zahlreiche epide­mio­lo­gische Unter­su­chungen haben während der letzten Jahre bestätigt, dass Diabe­tiker ein erheblich erhöhtes Risiko haben, an Krebs zu erkranken. Eine Metaanalyse austra­li­scher Wissen­schaftler* zeigte 2018, dass das Krebs­risiko männlicher Diabe­tiker 19 Prozent höher ist als das Risiko der Allge­mein­be­völ­kerung, bei Diabe­ti­ke­rinnen sogar um 27 Prozent. In einer aktuellen Publi­kation** belegen Wissen­schaftler aus dem DKFZ und dem Natio­nalen Centrum für Tumor­er­kran­kungen (NCT) Heidelberg diesen Zusam­menhang für Darmkrebs, insbe­sondere auch für die Erkran­kungen im jüngeren Lebensalter.

Doch wie kann Diabetes Typ 2 die Krebs­ent­stehung beein­flussen? Experten gehen heute davon aus, dass das Krebs­risiko bereits steigt, bevor Diabetes Typ 2 überhaupt festge­stellt wurde: Der eigent­lichen »Zucker­krankheit« geht in vielen Fällen eine Stoff­wech­sel­ent­gleisung voraus, die als metabo­li­sches Syndrom bezeichnet wird. Vier Haupt­merkmale charak­te­ri­sieren das Syndrom: Adipo­sitas, vor allem im Bauch­be­reich, daneben fehlre­gu­lierte Blutfette, erhöhter Blutdruck und erhöhter Blutzucker, oftmals bereits verbunden mit einer Insulinresistenz.

»Wir sprechen beim metabo­li­schen Syndrom daher auch vom tödlichen Quartett«, sagt Mathias Heiken­wälder, Stoff­wech­sel­ex­perte vom DKFZ, und erklärt weiter: »Das Bauchfett ist besonders gefährlich, was die Krebs­ent­stehung angeht. Denn dieses Fettgewebe gibt Boten­stoffe an die Umgebung ab, die Entzün­dungs­re­ak­tionen auslösen und die Wirkung von Insulin verringern, so genannte Adipo­nektine und Zytokine. Einige dieser Boten­stoffe wirken auch als Wachs­tums­fak­toren. Sie regen andere Zellen zur Teilung an und begüns­tigen so auch das Tumor­wachstum.« Außerdem bilden die Fettzellen Östrogene, die in hormon­sen­si­tiven Gewebe von Brust und Gebär­mutter das Zellwachstum ankurbeln können.

Besteht das metabo­lische Syndrom über Jahre hinweg, kann sich Typ 2 Diabetes entwi­ckeln, weitere häufige Folge­er­kran­kungen sind Arterio­sklerose, Herzin­farkt, Schlag­an­fälle – und eben Krebs.

Doch die schwer­wie­genden gesund­heit­lichen Folgen des metabo­li­schen Syndroms lassen sich abwenden – eine Anpassung des Lebens­stils kann die krank­hafte Entwicklung aufhalten. »Ernährung und Bewegung sind die Hebel, an denen Betroffene ansetzen müssen«, sagt Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebs­in­for­ma­ti­ons­dienstes am DKFZ.

Das heißt zunächst, sich bewusst und ausge­wogen zu ernähren, mit ausge­gli­chener Energie­bilanz. Ebenso entscheidend ist regel­mäßige körper­liche Bewegung, möglichst 30 Minuten täglich. Bewegung erhöht den Energie­ver­brauch und trägt so dazu bei, Überge­wicht abzubauen. Doch die Medizi­nerin Weg-Remers weiß auch, wie schwer es den meisten fällt, jahre­lange ungesunde Lebens­ge­wohn­heiten abzulegen. »Aber es lohnt sich: Wer recht­zeitig und konse­quent gegen­steuert, kann sein persön­liches Risiko für Krebs und für andere schwere Folge­er­kran­kungen des metabo­li­schen Syndroms erheblich senken.«

Der Weltdia­be­testag wurde von der Inter­na­tional Diabetes Federation und der WHO einge­führt und erstmals am 14. November 1991 begangen. Seit 2007 ist der Weltdia­be­testag ein offizi­eller Aktionstag der Vereinten Nationen. Das Datum, der 14. November, wurde gewählt, um an den Geburtstag von Sir Frederick Banting zu erinnern, der gemeinsam mit Charles Best 1922 das Insulin entdeckte.

Indivi­duelle Fragen zu einem gesunden Lebensstil beant­wortet der Krebs­in­for­ma­ti­ons­dienst täglich von 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr unter der kosten­freien Telefon­nummer 0800–420 30 40 oder per Email unter krebsinformationsdienst@dkfz.de erreichbar.

Literatur:

* Toshiaki Ohkuma, Diabe­tology 2018, DOI: https://doi.org/10.1007/s00125-018‑4664‑5

** Uzair Ali Khan, Mahdi Fallah, Yu Tian, Kristina Sundquist, Jan Sundquist, Hermann Brenner, and Elham Kharazmi: Personal History of Diabetes as Important as Family History of Colorectal Cancer for Risk of Colorectal Cancer: A Nationwide Cohort Study

Am J Gastro­en­terol 2020, DOI: https://doi.org/10.14309/ajg.0000000000000669

Textquelle: Dr. Sibylle Kohlstädt, Deutsches Krebsforschungszentrum

Bildquelle: Seit 2007 sind weltweit im Rahmen des Weltdia­be­tes­tages viele berühmte Gebäude abends und nachts als »Leucht­feuer der Hoffnung« blau beleuchtet. Neben dem Empire State Building und dem Eiffelturm haben auch deutsche Monumente teilge­nommen. Hier zu sehen eine Aufnahme des Branden­burger Tores. Die Video­bot­schaft von Präsident Barack Obama erschien während des Freiheits­festes in Berlin, wo die US-Außen­mi­nis­terin Hillary Rodham Clinton die Verei­nigten Staaten am 9. November 2009 auf der Feier zum 20. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer vertrat. Foto: U.S. State Department Photo, Lizenz: Gemeinfrei