Corona-Folgen: „Einsam bedeutet nicht allein“

Corona-Folgen: „Einsam bedeutet nicht allein“

Über emotionale und soziale Folgen der Corona-Pandemie forschen die Profes­so­rinnen der EAH Jena, Nicole Harth und Kristin Mitte. Die Psycho­lo­ginnen veröf­fent­lichen die ersten Ergeb­nisse einer Studie, an der sich bisher mehr als 2.500 Menschen aus ganz Deutschland beteiligt haben.
Prof. Dr. Kristin Mitte, Foto: Sebastian Reuter, Jena

Die Teilnehmer zwischen 16 und 72 Jahren kommen aus allen Bundes­ländern. Unter ihnen sind Azubis und Studie­rende, Rentne­rinnen und Rentner, Frauen und Männer in Elternzeit oder im Homeoffice. Aber auch derzeit Tätige in system­re­le­vanten Berufen haben sich beteiligt, ebenso wie Menschen, die ihre Arbeit durch die aktuelle Krise verloren haben.

Dass die Pandemie für viele Menschen eine psychische Heraus­for­derung darstellt, zeigt sich bereits in den ersten Ergeb­nissen der Studie, die Auswir­kungen auf verschiedene Lebens­be­reiche unter­sucht. So werden Fragen zum Wohlbe­finden, zu Sorgen und Nöten, (dys-)funktionalen Verhal­tens­weisen und zu eventu­ellen Rollen­kon­flikten gestellt. Noch überwiegen in den Antworten positive Gefühle, aber bereits ein Drittel aller Befragten berichtet, oft bis sehr oft negative Gefühle zu empfinden.

Profes­sorin Harth erläutert dazu: „Wir unter­suchen, wie die Menschen mit dieser beson­deren Situation umgehen und welche Faktoren dabei von Bedeutung sind. Wir wollen die unter­schied­lichen Belas­tungen verstehen, um gezielte Angebote zu ermög­lichen. Ebenso möchten wir wissen, wie die Compliance der Bevöl­kerung, also die Bereit­schaft zur aktiven Mitwirkung an nötigen Maßnahmen, wie beispiels­weise das physical distancing, weiterhin aufrecht­erhalten werden kann, ohne die psychische Gesundheit der Betrof­fenen zu gefährden“.

Die Auswertung der Studie zeigt, dass die meisten der Befragten sich mehr Sorgen um andere machen, als um sich selbst. Dagegen wird das Homeoffice in Verbindung mit der Kinder­be­treuung als besonders belastend empfunden. Das betrifft vor allem Allein­er­zie­hende. Ähnlich hoch ist die Belastung für Personen, die Angehörige pflegen.

Aufbauend auf den Daten, ihren ersten Befunden und der psycho­lo­gi­schen Expertise geben die beiden Wissen­schaft­le­rinnen Empfeh­lungen, wie Gelin­gens­be­din­gungen für eine eventuelle weitere Kontakt­sperre aussehen können, welche Ressourcen aktiviert werden sollten, aber auch, welche Personen psychisch besonders gefährdet sind.

Doch: „Einsam bedeutet nicht allein“, so die Psycho­lo­ginnen. Sie empfehlen, die Kontakte zur Familie, Freunden und Bekannten zu halten und zu pflegen: „Greifen Sie zum Telefon oder nutzen Sie Soziale Medien“. Jedoch sollte bei den Sozialen Medien darauf geachtet werden, dass sich die eigenen Sorgen und Ängste nicht verstärken. „Ist das der Fall, gönnen Sie sich bitte eine Auszeit“, raten die Jenaer Professorinnen.

Mehr als 1.000 Antworten erreichten Frau Harth und Frau Mitte noch einmal in der vergan­genen Woche. Die Befragung läuft weiter, so dass auch die Möglichkeit besteht, Verän­de­rungen zu beobachten. Bis Ende dieses Monats ist die Teilnahme möglich: https://www.soscisurvey.de/EmoFolgenCorona/

Textquelle: Sigrid Neef / Ernst-Abbe-Hochschule Jena

Bildquelle: Prof. Dr. Nicole Harth, Foto: privat / Prof. Dr. Kristin Mitte, Foto: Sebastian Reuter, Jena