Mit Humor durch schwere Zeiten

Er war viele Jahre der Inbegriff für Blödelei und ausge­las­senem Humor: Otto Waalkes, hier als Wachs­figur im Hamburger Panop­tikum. Foto: Mark Michaelis, Lizenz: CC BY 2.0

Mit Humor durch schwere Zeiten

Die FORSA-Umfrage »Corona 2020« hat ergeben, dass sich durch die Pandemie 1/5 der Befragten nieder­ge­schlagen und antriebslos fühlt. Dies können erste Anzeichen einer Depression oder anderer psychi­scher Erkran­kungen sein. Prof. Dr. Sylvia Sänger, Profes­sorin für Gesund­heits­wis­sen­schaften an der SRH Hochschule für Gesundheit Gera, hat sich diese Zahlen zum Anlass genommen, um einen Artikel über die Bedeutung von Humor in diesen Zeiten zu verfassen.

»Jeder Fünfte fühlt sich durch die Pandemie häufiger antriebslos und nieder­ge­schlagen«, so ist es im Bericht der Techniker Kranken­kasse anlässlich des Tages der seeli­schen Gesundheit zu lesen. Es sind die Ergeb­nisse der FORSA-Umfrage »Corona 2020«. Grund seien die Hygie­ne­regeln, die Angst um den Arbeits­platz und die Maskenpflicht.Wir scheinen alle etwas aus der gewohnten Bahn geworfen, nicht nur jeder Fünfte, auch die anderen vier, die sich jedoch schneller wieder fangen. Die gegen­wärtige Situation zeigt uns, wie wenig planbar unser Leben derzeit ist und wie vielen emotio­nalen Unwäg­bar­keiten wir ausge­setzt sind. Das erzeugt Stress. Nach Aaron Antonovsky, dem Vater der Sozio­logie, sind Stres­soren »eine von innen oder außen kommende Anfor­derung an den Organismus, die sein Gleich­ge­wicht stört und die eine … nicht automa­tische und nicht unmit­telbar verfügbare … Handlung erfordert.« Wir sind also aus dem Gleich­ge­wicht geraten und haben noch keine Ahnung, wie wir da wieder hinkommen sollen!

Dem gesunden Lebensstil mehr Aufmerk­samkeit schenken, Achtsamkeit sich selbst gegenüber trainieren und Anti-Stress Programme werden als mögliche Bewäl­tigung empfohlen. Jeder Mensch hat ein Arsenal eigener Resili­en­z­res­sourcen, also Fähig­keiten, mit schwie­rigen Lebens­si­tua­tionen umzugehen. Dazu gehören Optimismus, Akzeptanz der Situation, Lösungs­ori­en­tierung, Selbst­wirk­samkeit (raus aus der Opfer­rolle), Verant­wortung, soziale Einbindung, Zukunfts­ori­en­tierung und ein mehr oder weniger großes Impro­vi­sa­ti­ons­talent. Diese Schätze gilt es zu entdecken und zu heben. Kann ich die Situation so annehmen, wie sie ist und dann versuchen, das Beste daraus zu machen, anstatt die Zustände zu beklagen? Wie sieht mein Unter­stüt­zungs­netzwerk aus? Was hat mir früher schon mal bei schwie­rigen Situa­tionen geholfen? Aber auch: Was tut mir gut daran, wenn es mir schlecht geht? Diese Fragen sind kleine Spaten, um im Garten des Lebens nach den Schätzen des eigenen Resili­en­z­ver­mögens zu graben, damit sie uns verfügbar werden.

Ein weiterer wichtiger Schatz im Umgang mit schweren Lebens­si­tua­tionen ist der Humor. »Die Heiterkeit ist das gute Wetter des Herzens«, sagte einst der englische Arzt und Sozial­re­former Samuel Smiles. Auch und gerade in schwie­rigen Zeiten sollten wir unseren Humor nicht verlieren. Jeder hat ihn, nur manchmal ist er verschüttet. Das aus tiefster Seele kommende Lachen eines Kindes, selbst wenn das Knie aufge­schlagen ist, ist pure Lebens­freude. Was wir als Kinder mühelos beherrschten, sollten wir auch im Erwach­se­nen­alter beibe­halten oder wieder entdecken. Positive Emotionen, wie das Lachen können den Stress­level senken, Glücks­hormone freisetzen, Ängste abbauen, das Immun­system stärken und innere Blockaden und Spannungen lösen. Wenn wir uns der Kraft­quelle Humor wieder nähern, allein oder auch mit Hilfe und Anleitung, treten Ängste und Sorgen in den Hintergrund.

Aber Humor zu haben, bedeutet nicht witzig zu sein, oder den ganzen Tag über zu lachen. Vielmehr ist Humor eine Möglichkeit, den Unzuläng­lich­keiten des Lebens mit liebe­voller Nachsicht und einem inneren Lächeln zu begegnen und so wieder ins Handeln zu kommen. Denn wo nehmen wir eigentlich den Anspruch her, dass im Leben alles glatt­gehen muss? Jeder Tag ist angefüllt mit Risiken, deren Folgen uns treffen können. Dazu gehören die Entwick­lungen, die Pandemie betreffend, unsere Arbeits­si­tuation, Finanzen und auch Erkran­kungen, die uns unvor­be­reitet und plötzlich treffen. Die gute Nachricht: Humor kann man trainieren!

Bei Patienten mit schweren und lebens­be­droh­lichen Erkran­kungen werden zum Beispiel Humor­coa­chings einge­setzt. Für diese Menschen ist das Leben nicht planbar und sie müssen ständig auf neue Bedin­gungen reagieren. Dazu braucht es schon ein enormes Impro­vi­sa­ti­ons­talent – und Humor! »Humor wertet nicht und urteilt nicht, er akzep­tiert vorbe­haltlos die Wider­sprüche und Ungereimt­heiten des Lebens«, so beschreiben es Titze und Lambrecht in ihrem Buch »Heilsamer Humor«. Und die Akzeptanz des Unabän­der­lichen ist ein erster wichtiger Schritt zur Bewäl­tigung. Wenn mir die teure Terrine beim Spülen aus den Händen fällt, kann ich mich darüber freuen, dass in meinem Schrank wieder ein scheuß­liches Teil weniger steht oder ich kann darüber jammern, dass nun ein Haufen Geld zu Bruch gegangen ist. Wenn der Urlaubsflug wegen der Pandemie gecancelt werden muss, kann ich darüber lachen, dass ich nun vielleicht die Spucktüte im Flieger nicht brauche (wie beim letzten Mal) oder ich kann mich furchtbar ärgern, weil ich mich doch so auf den Urlaub gefreut hatte. In jedem Fall: Ich habe die Wahl! Und so ist die Corona-Pandemie auch eine Chance für uns alle wichtige Ressourcen zu aktivieren, die wir ohnehin gut im Leben brauchen können, allen voran der Humor. Wer Humor zu seiner Lebens­ein­stellung macht hat es leichter! »Es ist mensch­licher, über das Leben zu lachen, als es zu beklagen«, wusste schon der römische Philosoph Seneca.

Verwendete Literatur: Presse­meldung der TK vom 10.10.2020, verfügbar unter: https://www.tk.de/presse/themen/praevention/seelische-gesundheit-in-coronazeit-2093174

Michael Tietze. Humor in Körper­sprache und Rhetorik. HCD-Verlag

Michael Tietze, Ludwig Lambrecht. Heilsamer Humor. HCD-Verlag

Falkenberg, Mc Ghee, Wild. Humor­fä­higkeit trainieren. Schattauer. 2018

Voss, M., Fuchs, T., Wild, B., Ong, P. & Hirsch­hausen, E. von. (2019). Effekt von Humor­training auf Stress, Heiterkeit und Depression bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit und thera­pie­re­frak­tärer Angina pectoris. https://www.livivo.de/doc/M31187195

Schin­zilarz, C. & Friedli, C. (2013). Humorin Coaching, Beratung und Training. Weiter­bildung ‑Coaching. Beltz. https://www.livivo.de/doc/SKH768068479

Willnow, N. Schippmann S. Grund­la­gen­se­minar: Einführung in die Resilienz, unter http://resilienzia.de/gesellschaft-fuer-resilienz/

Textquelle: Prof. Dr. Sylvia Sänger, SRH Hochschule für Gesundheit Gera

Bildquelle: Er war viele Jahre der Inbegriff für Blödelei und ausge­las­senem Humor: Otto Waalkes, hier als Wachs­figur im Hamburger Panop­tikum. Foto: Mark Michaelis, Lizenz: CC BY 2.0