Corona beein­flusst subjek­tives Befinden negativ

Prof. Dr. Hannes Zacher. Foto: Swen Reichhold/Universität Leipzig

Corona beein­flusst subjek­tives Befinden negativ

Die Corona-Pandemie hat neben der medizi­ni­schen und ökono­mi­schen Krise auch bei vielen Menschen zu Beein­träch­ti­gungen des subjek­tiven Wohlbe­findens geführt. Das ergab eine Langzeit-Studie von Psycho­logen der Univer­sität Leipzig mit 979 Personen aus ganz Deutschland. Unter­sucht wurden ihre Verän­de­rungen im subjek­tiven Wohlbe­finden zwischen Dezember 2019 und Mai 2020.

Die Forscher unter der Leitung des Arbeits­psy­cho­logen Prof. Dr. Hannes Zacher stellten fest, dass zwischen März und Mai 2020 – im frühen Stadium der Pandemie – die durch­schnitt­liche Lebens­zu­frie­denheit und das Erleben positiver Gefühle signi­fikant abnahmen, durch­schnittlich jeweils ungefähr 0,2 Punkte auf einer sieben­stu­figen Skala. Überra­schen­der­weise sei es während dieser Phase aber auch zu einer leichten Abnahme im Erleben negativer Gefühle wie Ärger und Angst gekommen. Die Forscher haben die Ergeb­nisse ihrer Studie gerade in dem renom­mierten Fachjournal »American Psycho­logist« veröffentlicht.

In der Unter­su­chung, die Zacher zusammen mit Prof. Dr. Cort Rudolph von der Saint Louis University in den USA durch­ge­führt hat, wurde subjek­tives Wohlbe­finden als hohe Lebens­zu­frie­denheit und das häufige Erleben positiver Gefühle, wie Freude, sowie das seltene Erleben negativer Gefühle, wie Ärger oder Angst, definiert und gemessen. Als Einfluss­fak­toren auf das subjektive Wohlbe­finden während des frühen Stadiums der Corona-Pandemie wurden die persön­liche Bewertung der Pandemie, etwa als Bedrohung oder als Heraus­for­derung, sowie verschiedene funktionale und dysfunk­tionale Bewäl­ti­gungs­stra­tegien, wie Problem­lösen oder Alkohol­konsum, untersucht.

Während die Wissen­schaftler bei der Befragung der Menschen in der Zeit vor der Corona-Pandemie, zwischen Dezember 2019 und März 2020, keine Hinweise auf Verän­de­rungen des subjek­tiven Wohlbe­findens fanden, habe sich das in den Wochen danach durch die Corona-Krise signi­fikant verändert. Personen, die die Corona-Pandemie als Heraus­for­derung und die Folgen der Pandemie als kontrol­lierbar bewer­teten, wiesen generell ein höheres subjek­tives Wohlbe­finden auf. Außerdem hatten Menschen ein höheres subjek­tives Wohlbe­finden, die Probleme aktiv gelöst, die positiven Seiten der Krise gesehen und soziale Unter­stützung erfahren haben. Wer dagegen die Krise als Bedrohung wahrge­nommen, sie verleugnet oder sich selbst für die Folgen der Krise beschuldigt hat, fühlte sich weniger gut. Das galt auch für Personen, die versucht haben, die Krise mit Alkohol oder Drogen zu bewältigen.

»Psycho­logen können die Ergeb­nisse nutzen, indem sie dazu beitragen, die allge­meinen Fähig­keiten ihrer Klienten zu erhöhen, in Krisen­zeiten konstruktive Bewer­tungen vorzu­nehmen und erfolg­reiche Bewäl­ti­gungs­stra­tegien zu nutzen«, sagt Zacher. In der Langzeit-Studie über die nächsten 18 Monate soll insbe­sondere unter­sucht werden, wie sich die Corona-Pandemie auf Verän­de­rungen in der Arbeitswelt, wie zum Beispiel die Akzeptanz des Homeoffice, virtuelle Teamarbeit und Arbeits­platz­un­si­cherheit, sowie auf die Entwicklung der physi­schen und psychi­schen Gesundheit auswirkt.

Origi­nal­pu­bli­kation:

»Individual diffe­rences and changes in subjective well-being during the early stages of the COVID-19 pandemic« (Open Access), http://dx.doi.org/10.1037/amp0000702 / https://doi.apa.org/fulltext/2020–52957-001.pdf

Textquelle: Katrin Henneberg, Univer­sität Leipzig

Bildquelle: Prof. Dr. Hannes Zacher. Foto: Swen Reichhold/Universität Leipzig