Gedächt­nis­in­halte beein­flussen Entscheidungen…

Lage des Hippo­campus im mensch­lichen Gehirn. Dieses Bild wurde von Life Science Databases (LSDB) aus Anato­mo­graphie generiert. Lizenz: CC BY-SA 2.1 jp

Gedächt­nis­in­halte beein­flussen Entscheidungen…

…und diese wiederum beein­flussen Gedächt­nis­in­halte! In einer Studie an der Heinrich-Heine-Univer­sität haben Prof. Dr. Gerhard Jocham und Doktorand Lennart Lüttgau gemeinsam mit Wissen­schaftlern aus Magdeburg gezeigt, dass nicht nur – wie bisher angenommen – Reize, die mit angenehmen Erfah­rungen verbunden sind, öfter gewählt werden.
von Dr. Victoria Meinschäfer

In der Studie, die in Nature Commu­ni­ca­tions erschienen ist, weisen die Psycho­logen statt­dessen nach, dass es auch einen Einfluss in die genau gegen­teilige Richtung gibt: Eine Option, die öfters gewählt wird, wird in der Zukunft (gegenüber einer objektiv gleich­wer­tigen Option) bevorzugt. Dagegen wird eine Option, die häufig abgelehnt wurde, auch in der Zukunft eher abgelehnt (wiederum verglichen mit einer gleich­wer­tigen Option). In den Alltag übertragen, würde dies beispiels­weise bedeuten, dass man Produkte im Super­markt eher erneut kauft, einfach nur weil man sie in der Vergan­genheit gekauft hat, unabhängig davon als wie gut sie sich erwiesen hatten.

In der Studie mit rund 200 Probanden mussten diese zunächst eine Verbindung zwischen (ihnen völlig unver­ständ­lichen) japani­schen Schrift­zeichen und Bildern von Süßig­keiten erlernen. Anschließend wurde den Probanden mehrfach eine Auswahl zwischen zwei Zeichen darge­boten – hier wählten die Teilneh­menden wie zu erwarten überwiegend das Symbol, das mit der für sie angeneh­meren Süßigkeit verbunden war. In einem finalen Präfe­renztest nach dieser Auswahl­si­tuation bevor­zugten die Probanden das zuvor gewählte Symbol – verglichen mit einem eigentlich gleich­wer­tigen Symbol. Umgekehrt war die Auswahl­tendenz für das zuvor präsen­tierte aber nicht gewählte Symbol vermindert.

Warum ist das so? »Das beobachtete Entschei­dungs­ver­halten legt nahe, dass das häufigere Auswählen zu einem besseren Erinnern an die mit der Option verknüpfte Belohnung führt«, so Lennart Lüttgau. Dies wurde mit funktio­neller Magnet­re­so­nanz­to­mo­graphie (fMRT) überprüft. Dabei konnten die Psycho­logen mithilfe des fMRT-Adapt­a­ti­ons­ef­fektes zeigen, dass die reine Auswahl einer Option auf neuro­naler Ebene dazu führt, dass im Hippo­campus (einer Schlüs­sel­struktur für assozia­tives Gedächtnis) die Verknüpfung der Option mit ihrer Belohnung gestärkt wird, während das Nicht-Auswählen einer Option die Verknüpfung mit ihrer Belohnung schwächt.

Somit ist deutlich, dass Entschei­dungen nicht nur durch Gedächt­nis­in­halte beein­flusst werden, sondern dass Entschei­dungen selbst wiederum das assoziative Gedächtnis umformen können.

Origi­nal­pu­bli­kation: Luettgau, L., Tempelmann, C., Kaiser, L.F. et al. Decisions bias future choices by modifying hippo­campal associative memories. Nat Commun 11, 3318 (2020). https://doi.org/10.1038/s41467-020–17192‑7

Textquelle: Dr. Victoria Meinschäfer, Heinrich-Heine-Univer­sität Düsseldorf

Bildquelle: Lage des Hippo­campus im mensch­lichen Gehirn. Dieses Bild wurde von Life Science Databases (LSDB) aus Anato­mo­graphie generiert. Lizenz: CC BY-SA 2.1 jp